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Fränkisches Wörterbuch (WBF)

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1945–1962:
Neubeginn nach dem zweiten Weltkrieg

Der Krieg bedeutete auch für die Dialektologie in Bayern eine Katastrophe. Die Mitarbeiter der Redaktionen in München und Erlangen mussten an die Front. Kranzmayers Sprachatlas wurde in München von Fliegerbomben vernichtet. Die Erlanger Zettelkartei wurde in einem Luftschutzbunker aufbewahrt, geriet aber bei Transport und Einlagerung gründlich durcheinander.

Viele Jahre lang geschah nun kaum noch etwas. Die Mitarbeiter des Münchner Wörterbuchprojekts zerstritten sich mit den Mitarbeitern der Wiener Arbeitsstelle. Man konnte sich nicht darauf einigen, bei welcher Redaktion das bisher gesammelte Material ausgewertet werden solle. 1953 wurde das Tischtuch zerschnitten und seither wird in München an einem nur auf Altbayern bezogenen „Bayerischen Wörterbuch“ und in Österreich am „Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich“ gearbeitet.

In Erlangen war die Arbeit am „Ostfränkischen Wörterbuch“ gänzlich zum Erliegen gekommen. Der 1955 auf Maurers Lehrstuhl berufene Ernst Schwarz war ein renommierter und umtriebiger Dialektologe. Er war Sudetendeutscher und hatte seine wissenschaftliche Karriere an der Deutschen Universität Prag begonnen. Auch die Dialektologie in Erlangen verdankt ihm viel.

Nur für die Neubelebung des Ostfränkischen Wörterbuchs unter seiner Leitung konnte er sich nicht erwärmen. „Da möchte‘ ich mein Leben lang nicht damit fertig werden“ soll er gesagt haben. So sprang der Erlanger Mediävist Siegfried Beyschlag in die Bresche. Er selbst war zwar kein Dialektologe, er ließ aber seine Assistenten Otmar Werner und Reinhold Grimm an einer neuen Serie von Fragebögen arbeiten.

1960 wurde der erste Bogen versandt. Etwa die Hälfte der gestellten Fragen ist im Stil der „Wenkersätze“ des Deutschen Sprachatlasses formuliert. Ein vorgegebener standardsprachlicher Satz soll von den Probanden in ihre Mundart übersetzt werden. Auf diese Weise beabsichtigte man, über den reinen Wortschatz hinaus auch grammatikalische Eigenheiten der Mundarten zu erfassen.

Leider waren Sätze wie „morgen schaut ihr euch einmal unseren Spinat an“ etwas realitätsfern und wirkten befremdlich. Die meisten Gewährsleute focht das nicht an (vgl. Bogen aus Hof), manche zeigten aber offen ihren Unwillen gegen diese Befragungsmethode (vgl. Bogen aus Bernlohe).

Von Bogen 1 gingen 2833 ausgefüllte Exemplare bei der Erlanger Redaktion ein. Bogen 2 wies nur noch einen Rücklauf von 1263 auf. Die Zahl der Mitarbeiter war also innerhalb weniger Monate auf die Hälfte gesunken. Der Rückgang war bei den nächsten Bögen nicht mehr ganz so dramatisch, der negative Trend blieb aber bestehen.