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Fränkisches Wörterbuch (WBF)

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1913–1940:
Gesamtbayerische Erhebungen mit dem „Systematischen Fragebogen“

Zur praktischen Durchführung der Erhebungen wurden in Wien und München sogenannte „Kanzleien“ eingerichtet. Hier wurden die Fragebögen entworfen, versandt und deren „Rücklauf“ sortiert. Die Münchner Kanzlei wurde mit dem „wissenschaftlichen Hilfsarbeiter“ Otto Maußer besetzt.

Die Erhebungen begannen 1913 mit dem Versand des ersten Bogens des Typus „Systematischer Fragebogen“. Mit diesen Bögen sollte der Wortschatz in seiner ganzen Breite abgefragt werden. Jeder Bogen hatte ein Leitthema – der erste ging über das Thema „Kopf“. Es wurde nicht nur nach dem Basiswort und dessen Bedeutungsspektrum gefragt :“Haupt eines Menschen oder Tieres“ , „kugelförmige Blüte“, „Salat- und Kohlkopf“…, sondern auch nach Zusammensetzungen (Wasserkopf, Kopfstück…), Vergleichen (Fischkopf) und Redensarten (etwas im Kopf haben), Bräuchen (Präparieren von Totenschädeln für separate Beisetzung …).

Die „Gewährsleute“, die diese Fragen beantworten sollten, waren in der Mehrzahl Volksschullehrer, die wiederum alteingesessene Personen aus ihrem Schulort befragten. Die Sammler erhielten eine gedruckte „Belehrung für die Sammler des Bayerisch-Österreichischen Wortschatzes“ und einige Blöcke mit Abreißzetteln des Formats 12 x 7 cm. Auf den Zetteln sollten die Fragen in lautgetreuer Schreibweise Wort für Wort beantwortet werden.“

Zwei Beispiele für Antworten zum Basiswort „Kopf“. Unter „Nr.“ sollte die Nummer der Frage eingetragen werden, was meist aber unterblieb. Der Name des Ortes und des Sammlers wurde entweder von diesem selbst eingetragen oder nachträglich in der Redaktion aufgestempelt. Die Farbe der Zettel steht für den Regierungsbezirk.

Von den abgebildeten Zetteln ist derjenige von Auguste Kreel aus Sulzbach am Main am ausführlichsten beantwortet. Ganz oben steht das „Lemma“, d.h. das Stichwort für die alphabetische Einsortierung des Zettels in einer Kartei. Das Lemma wurde erst in der Redaktion eingetragen. Es folgt in der Handschrift der Sammlerin die „lautgetreue“ Wiedergabe dër Kobb und ein Kommentar zur Bedeutung: allgemein. Darunter ist ein Kontextbeispiel eingetragen vum Vúchl sowie dessen Übersetzung vom Vogel.

In den Jahren 1913 bis 1915 wurden bayernweit 41 unterschiedliche Fragebögen an jeweils etwa 350 Sammler versandt. Anfangs wurden davon 350, im Jahr 1914 nur noch 270 beantwortet. Etwa ein Drittel der Sammler arbeitete in den fränkischen Regierungsbezirken und in der Pfalz.

1915 mussten die Erhebungen eingestellt werden. Immerhin waren bis dahin 780.000 einzelne Zettel eingegangen.